Unterrichtsmodul

Migration im 19. und 20. Jahrhundert

von Sarah Oberbichler (Universität Innsbruck)

Digitale Zeitleiste zur Geschichte der Migration im 19. und 20. Jahrhundert, erstellt mit Timeline JS. Aus dem Arbeitsblatt 5: Migration mit Hilfe von Zeitungen erkunden


Altersgruppe

13 bis 14 Jahre  (3. Unterstufenjahr)

Gegenstand

Geschichte, Sozialkunde und Politische Bildung

Lehrplan

Modul 5: Migration vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart

Zielsetzung

Ausarbeitung von Migrationskonzepten und Reflexion über die alltägliche Verwendung dieser Konzepte. Migrationsgeschichte mit Hilfe von historischen Zeitungen erarbeiten und mit digitalen Zeitungsarchiven umgehen können. Zeitungen analysieren und unterschiedliche Wahrnehmungen und Perspektiven (jene der Mehrheitsgesellschaft und jene der Migrant:innen selbst) kennenlernen.

Situation und Vorkenntnisse

Dies ist das erste Mal, dass die Gruppe mit (digitalisierten historischen) Zeitungen als Quellen arbeitet. Die Schüler:innen haben zuvor mit anderen Quellen, z. B. Bildern, gearbeitet und verfügen somit über ein Grundverständnis von Quellenkritik. Sie sind technisch versiert und verfügen über die notwendige Ausrüstung (Laptops oder Tablets). Die Gruppe hat bereits ein Basiswissen zur (hauptsächlich europäischen und österreichisch/deutschsprachigen) Geschichte bis ins 19. Jahrhundert. 

Zeit

4 x 50 Minuten

Mehr Hintergrundinformationen zum Thema Migration und digitale Zeitungen


Lehrplanbezug

Modul 5: (Historische Bildung): Migration vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart

Kompetenzkonkretisierung:

  • Schriftliche und bildliche Quellen beschreiben, analysieren und interpretieren;
  • Perspektivität von Quellen wahrnehmen;
  • Eigene historische Erzählungen erstellen;
  • Erkenntnisse aus der Arbeit mit Quellen und Darstellungen für die eigene Orientierung nutzen

 

Thematische Konkretisierung:

  • Die Begriffe Migration, Asyl und Integration erarbeiten;
  • Weltweite Migrationsbewegungen vergleichen und Ursachen ermitteln;
  • Durch Migration entstehende Herausforderungen in Auswanderungs- und Einwanderungsländern analysieren und mögliche Lösungen diskutieren;
  • Migration am Beispiel von Lebensgeschichten vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart darstellen;
 

 

Modulplanung: 4 Unterrichtsstunden á 50 Minuten

1

2

3

4

Migrationsbegriffe verstehen

Die Schüler:innen erarbeiten Migrationskonzepte und reflektieren die Verwendung dieser Konzepte.

(Digitale) Zeitungen als Quelle

 

Arbeit mit Zeitungen: Was ist eine Zeitung? Nützlich als Quelle? Wo kann ich sie finden (→ ANNO)? Leitfaden für die Arbeit mit Quellen!

Migration im 19. und 20. Jahrhundert mit Zeitungen erkunden

Die Schüler:innen erstellen eine digitale Zeitleiste (1850-1950) mit Zeitungsausschnitten als Quellen. Sie recherchieren den historischen Hintergrund, reflektieren kritisch die Berichterstattung und entdecken die inhaltliche Vielfalt der Zeitungen.

Unterschiedliche Wahrnehmungen und Perspektiven

Die Schüler:innen lernen unterschiedliche Wahrnehmungen und unterschiedliche Perspektiven (die der Mehrheitsgesellschaft und jene der Migranten*innen selbst) kennen.


Auszug aus der Zeitung "Wiener Illustrierte Zeitung" vom 18.12.1915 aus dem Online Zeitungsportal "ANNO"


1. Unterrichtseinheit: Migrationsbegriffe verstehen

ZEIT

THEMA

METHODE & SOZIALFORM

ABLAUF

ZIELE

MATERIAL

Einstieg

10 min

Gedicht von Bertolt Brecht: 

“Über die Bezeichnung der Emigranten” 

Ein Gedicht lesen/hören; Diskussion 

Schüler:innen hören sich das Gedicht von Bertolt Brecht an (oder lesen es): 

Fragen: Worum geht es in dem Gedicht? Was kritisiert Bertolt Brecht bei der Verwendung von Migrationsbegriffen?

Perspektiven-wechsel

Gedicht

Erarbeitung

20 min

Was ist Migration? 

1. Bedeutungen: Erklärung von migrations-spezifischen Wörtern

Lesen und präsentieren; Gruppenarbeit 

Die Schüler:innen werden gebeten, in Gruppen zu arbeiten. Jeder Gruppe werden ein bestimmter Begriff und eine Erklärung zugewiesen (Arbeitsblatt 1). Die Gruppe fasst den Text in ihren eigenen Worten zusammen und klärt Begriffe, die nicht bekannt sind. Die Schüler:innen präsentieren den zusammengefassten Text der Klasse.

Die Bedeutung und den Kontext von migrations-spezifischen Wörtern erfassen

Arbeitsblatt 1

15 

 min

2. Assoziationen:

In Gruppen diskutieren und notieren die Schüler*innen, was sie mit den Migrations-begriffen verbinden.

Was und wer beeinflusst die Konnotationen von Wörtern? 

Brainstorming; Wort-assoziationen; Diskussion; Gruppenarbeit

Die Schüler:innen werden gebeten, paarweise zu arbeiten und Ideen, Eigenschaften und Merkmale im Zusammenhang mit den vorgegebenen Begriffen zu erarbeiten: Arbeitsblatt 2

Die Ergebnisse werden gemeinsam diskutiert.

Verstehen, dass bestimmte Begriffe positive oder negative Konnotationen haben können.

Verstehen, was und wer unsere Wahrnehmung beeinflussen kann

Arbeitsblatt 2

Abschluss

5 min

Migration in den Medien

Diskussion

Welche Migrationsbegriffe werden euer Erfahrung nach in welchen Kontexten in den Medien verwendet?

An die eigene Erfahrung anknüpfen

 

2. Unterrichtseinheit: (Digitale) Zeitungen als Quelle

ZEIT

THEMA

METHODE & SOZIALFORM

ABLAUF

ZIELE

MATERIAL 

Einstieg

10

min

Migration und Zeitungen 

Lesen; Fragen und Antworten

Schüler:innen lesen den ersten Teil eines Blog Posts über Migration und historische Zeitungen (bis zur zweiten Unterüberschrift).

Erinnert ihr euch an das Gedicht von Brecht? Könnt ihr Ähnlichkeiten zwischen dem Gedicht und dem Blogeintrag erkennen?

Anknüpfen an die letzte Einheit.

 

Schüler:innen erhlaten Informationen zum Thema Migration und historische Zeitungen

Blog Post

 

 

Erarbeitung

15

 min

Wie lese und analysiere ich einen Zeitungstext?

Diskussion im Plenum

Der Leitfaden wird ausgeteilt und Schritt für Schritt anhand eines kurzen Beispieltextes besprochen.

Stärkung der Methoden-kompetenz bzgl. Analyse und De-Konstruktion von Textquellen (Zeitungen)

Arbeitsblatt 3 Leitfaden zum Arbeiten mit Zeitungen (am besten laminiert) 

15

min

Wie und wo finde ich online historische Zeitungen?

Gemeinsames Arbeiten; Lehrperson zeigt am PC/Beamer vor

Kurzes Brainstorming: Wo finden wir digitalisierte Zeitungen? Lehrperson zeigt dann ANNO und wichtige (Such)funktionen. Gemeinsames Herumprobieren.

Schüler:innen auf die vielen Möglichkeiten und Vorteile digitaler Zeitungsarchive aufmerksam machen

PC/Beamer und ANNO Lernvideos

Abschluss

10 min

Arbeiten mit ANNO

Schnitzeljagd

Schüler:innen erhalten das Arbeitsblatt 4, das erste Beispiel wird gemeinsam gelöst. Dann arbeiten die Schüler:innen alleine oder zu zweit, bei Bedarf müssen die restlichen Aufgaben zu Hause erledigt werden.

Schüler:innen das ANNO-Interface näherbringen, Tipps für effektives Recherchieren in ANNO geben

Arbeitsblatt 4 „Schnitzeljagd“

3. Unterrichtseinheit: Migration im 19. und 20. Jahrhundert mithilfe von Zeitungen erkunden

ZEIT

THEMA

METHODE & SOZIALFORM

ABLAUF

ZIELE

MATERIAL 

Einstieg

5

min

Hausübungen besprechen

Arbeit im Plenum

Lehrperson fragt, ob es Schwierigkeiten bei den Hausübungen gab. Fragen werden geklärt. 

Sicherstellen, dass all ein grundlegendes Verständnis für die Benutzung von ANNO haben

Beamer 

Erarbeitung 

45

min

Eine digitale Zeitleiste erstellen und die Migrations-geschichte erkunden

 

 

 

Gruppenarbeit; Digitale Methoden 

Die Schüler:innen erstellen Zeitleisten (1850-1950) mit dem digitalen Tool "Timeline Js". Sie verwenden Zeitungs-ausschnitte als Quellen und Informationen aus dem Internet für die Hintergrund-recherche. Sie reflektieren kritisch die Berichterstattung und entdecken die inhaltliche Vielfalt der Zeitungen (Berichte, Briefe, Appelle, Werbung).

Förderung der digitalen und methodologischen Kompetenz; Wesentliche Aspekte der Migrations-geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts kennenlernen

Arbeitsblatt 5

Tool

 

 

4. Unterrichtseinheit: Unterschiedliche Wahrnehmungen und Perspektiven erkennen

ZEIT

THEMA

METHODE & SOZIALFORM

ABLAUF

ZIELE

MATERIAL 

Einstieg

10

min

Einige Gruppen präsentieren ihre digitale Zeitleiste

Präsentation

Mindestens zwei Gruppen stellen ihre Zeitleisten im Plenum vor.

Wiederholung; Präsentieren

Laptop; Beamer

Erarbeitung

15

min

Wie wird Migration wahr-genommen?

 

Studierende analysieren die Wahrnehmung von Migration.

Zeitungsanalyse; Diskussion; Gruppenarbeit

In Gruppen analysieren die Schüler:innen historische Zeitungs-ausschnitte, die unterschiedliche Perspektiven auf das Thema Migration zeigen. Die Schülerinnen und Schüler präsentieren anschließend ihre Ideen und Analysen. Danach lesen sie den zweiten Teil des Blogposts (beginnend mit der zweiten Unterüberschrift) für den notwendigen Kontext und die Interpretation.

Unterschiedliche Argumente verstehen; Divergenzen erkennen

Arbeitsblatt 6

 

Blogpost

 

20

min

Und wie ist die Perspektive der Migrant:innen?

Lesen; Diskussion

Kurze Lebens-geschichten von Auswander:innen, Immigrant:innen und Flüchtlingen.

 

Was unterscheidet Lebens-geschichten von Migrant:innen von Zeitungs-ausschnitten?

Perspektiven-wechsel 

 

Abschluss

5

 min

Ausblick

 

Migration heute

Diskussion

Was lernen wir aus der Migrations-geschichte und wie können dadurch heutige Migrations-ereignisse besser verstanden werden?

Reflexions-kompetenz

 

Arbeitsblatt 1: Migrationsspezifische Begriffe

  1. Gruppenarbeit: Jeder Gruppe wird ein bestimmter Migrationsbegriff mit Erläuterung zugeordnet.
  2. Die Gruppe fasst den zugewiesenen Text in eigenen Worten zusammen und klärt schwierige Begriffe.
  3. Die Gruppe bereitet sich auf eine Kurzpräsentation des Textes vor.

 

MIGRATION

Über Migration spricht man, wenn Menschen über einen längeren Zeitraum ihren Lebensmittelpunkt verlagern. Der Begriff der Migration umfasst grundsätzlich alle Migrationsbewegungen: freiwillige Auswanderung; Familienzusammenführung; irreguläre Migration; Studienaufenthalte im Ausland und Flucht durch Krieg, politische Verfolgung, existenzielle Not und Umweltkatastrophen. Migration findet innerhalb der gleichen Region oder über nationale und kontinentale Grenzen hinweg statt. Gründe für die Migration können Nahrungs- oder Wassermangel, unzureichende Wohnverhältnisse oder unsichere Lebensbedingungen für sich selbst und die Familie sein. In der Regel gibt es mehrere Motive für die Entscheidung, die Heimat zu verlassen.

Irreguläre Migrant:innen sind Menschen, die weder ein Visum noch einen legalen Aufenthaltsstatus haben, um in ein Land einzureisen oder sich dort aufzuhalten. Auch gibt es Menschen, die sich vorübergehend an einem anderen Ort niederlassen, weil sie ihren Lebensunterhalt als Saisonarbeiter:innen im Ausland verdienen, weil sie einer Gemeinschaft angehören, deren Mitglieder als Nomaden leben oder weil sie sich, wie manche Künstler:innen oder Diplomat:innen, ohnehin nirgendwo dauerhaft niedergelassen sehen.  Seit den 1990er Jahren wird einer konzeptionell schwer fassbaren Form der Migration – auch als Pendelmigration oder Transmigration bekannt – verstärkt Aufmerksamkeit geschenkt: Menschen pendeln zwischen Polen und Deutschland, andere zwischen Mexiko und Kalifornien, wieder andere arbeiten in Dubai, betrachten die Philippinen aber immer noch als ihre Heimat. Hierbei gibt es keine endgültige Entscheidung für ein "neues Leben an einem neuen Ort", sondern es wird ein neuer Ort oder sogar mehrere neue Orte zum alten Ort hinzugefügt.

 

ARBEITSMIGRATION

Unter Arbeitsmigration wird eine internationale Migration von Arbeitskräften mit einem Mindestaufenthalt von einem Jahr in der Zielregion verstanden. Als Migrationsursachen kann zwischen "Push"- und "Pull"-Faktoren (Push- und Pull-Modelle) unterschieden werden. Die Push-Faktoren für Arbeitsmigration sind in erster Linie Arbeitslosigkeit und niedriges Lohnniveau. Zu den Pull-Faktoren gehören Erwartungen an höhere Löhne und Arbeitsplatzsicherheit. Das Ausmaß der Arbeitsmigration hängt von der Entwicklung und Struktur der Arbeitsmärkte sowohl in der Ursprungs- als auch in der Zielregion ab. Personen, die aus diesen Gründen migrieren, werden als Arbeitsmigrant:innen bezeichnet. Sie unterliegen im Zielland einem besonderen Aufenthaltsrecht und einer befristeten Arbeitserlaubnis. Es lassen sich drei Faktoren identifizieren, die die Arbeitsmigration in Europa beeinflussen: zyklische Schwankungen, der wirtschaftliche Strukturwandel mit seinen Auswirkungen auf die internationale Arbeitsteilung und der hohe Lebensstandard in einigen europäischen Ländern. Global operierende Unternehmen spielen heute eine wichtige Rolle bei der Arbeitsmigration. Zum einen binden sie gering qualifizierte Arbeitskräfte in Entwicklungsländern, zum anderen durchlaufen gut ausgebildete Mitarbeiter:innen Managementfunktionen an verschiedenen Unternehmensstandorten und steuern ihre Aktivitäten von einigen wenigen Global Cities aus. 

 

RÜCKKEHRMIGRATION

Rückkehrmigration ist die Handlung oder der Prozess der Rückkehr oder Rückführung von ausgewanderten Menschen in das Herkunftsland. Dies kann innerhalb der territorialen Grenzen eines Landes oder zwischen einem Bestimmungs- oder Transitland und einem Herkunftsland geschehen, wie im Falle von Wanderarbeiter:innen, Flüchtlingen oder Asylsuchenden. Unterschieden wird zwischen der freiwilligen und unfreiwilligen Rückkehr. Die freiwillige Rückkehr ist die unterstützte oder unabhängige Rückkehr in das Herkunfts- oder Transitland oder in ein anderes Land auf der Grundlage der freiwilligen Entscheidung des Rückkehrers/der Rückkehrerin. Die freiwillige Rückkehr kann entweder spontan oder unterstützt erfolgen:

  • Spontane Rückkehr ist die freiwillige, unabhängige Rückkehr eines Migranten/einer Migrantin oder einer Gruppe von Ausgewanderten in ihr Herkunftsland, in der Regel ohne Unterstützung durch Staaten.
  • Die unterstützte freiwillige Rückkehr ist die administrative, logistische und finanzielle Hilfe für abgelehnte Asylsuchende, Opfer von Menschenhandel, gestrandete Migrant:innen, qualifizierte Staatsangehörige und andere Menschen, die nicht im Aufnahmeland bleiben können oder wollen und die freiwillig in ihr Herkunftsland zurückkehren.

Erzwungene Rückkehr ist eine Migrationsbewegung, die, obwohl die Triebkräfte vielfältig sein können, mit Gewalt, Zwang oder Nötigung einhergeht.

 

ASYL UND ASYLSUCHENDE

Asyl bedeutet Unterkunft, Zuflucht. Das Recht auf Asyl ist ein Menschenrecht, das besagt, dass jede Person das Recht hat, in einem anderen Land Asyl zu beantragen. Allerdings muss die Drittstaatenregelung berücksichtigt werden, die besagt, dass Asylsuchende im ersten sicheren Land, in das sie einreisen, Asyl beantragen müssen. In anderen sicheren Ländern, in die Asylsuchende später einreisen, ist dies vielfach nicht mehr möglich. Auch wird jenen, die einen Asylantrag stellen dürfen, nicht automatisch Asyl gewährt. Gemäß den gesetzlichen Bestimmungen wird geprüft, ob ein Asylsuchender/eine Asylsuchende einen Anspruch auf Asyl hat. Asylberechtigte Personen sind Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Unter Asyl versteht man das Recht auf Aufenthalt, Aus- und Einreise sowie den freien Zugang zum Arbeitsmarkt. Personen, denen Asyl gewährt worden ist, sind den Aufnahmeberechtigten rechtlich nahezu gleichgestellt (haben Anspruch auf Sozialleistungen wie Sozialhilfe, Wohngeld usw.). Asylsuchende sind Personen, die ihr eigenes Land verlassen, oft aus politischen Gründen oder wegen eines Krieges, und die in ein anderes Land reisen in der Hoffnung, dass die Regierung sie schützt und ihnen erlaubt, dort zu leben.

 

FLUCHT UND FLÜCHTLINGE

Flucht ist jene Form der Migration, die meist unfreiwillig und erzwungen ist. Ein Flüchtling ist eine Person, die nach der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 als Flüchtling anerkannt wurde. Die Flüchtlingskonvention von 1951 definiert einen Flüchtling als eine Person, die sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt oder in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, und die nicht zurückkehren kann oder will, weil sie begründete Furcht vor Verfolgung aufgrund ihrer Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe hat. In Anwendung dieser Definition gelten Binnenvertriebene (IDPs) – einschließlich Personen, die vor Naturkatastrophen und allgemeiner Gewalt fliehen, Staatenlose, die sich nicht außerhalb des Landes ihres gewöhnlichen Aufenthalts befinden oder keiner Verfolgung ausgesetzt sind, und Personen, die auf der Flucht vor allgemeiner Gewalt eine internationale Grenze überquert haben – weder nach der Konvention von 1951 noch nach dem Fakultativprotokoll von 1967 als Flüchtlinge. Länder auf dem amerikanischen Kontinent, in Afrika, im Nahen Osten oder in Asien, die infolge bewaffneter Konflikte in großem Umfang vertrieben wurden, stellten fest, dass die Definition der Konvention von 1951 nicht weit genug ging, um den Schutzbedürfnissen ihrer Bevölkerung gerecht zu werden. Folglich wird sowohl in Artikel 3 der Erklärung von Cartagena als auch in Artikel 1 Absatz 2 der OAU-Konvention von 1969 die Flüchtlingseigenschaft auf eine Person ausgedehnt, die "wegen äußerer Aggression, Besetzung, Fremdherrschaft oder Ereignissen, die die öffentliche Ordnung in einem Teil oder der Gesamtheit ihres Herkunftslandes oder ihrer Staatsangehörigkeit ernsthaft stören, gezwungen ist, ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort zu verlassen, um an einem anderen Ort außerhalb ihres Herkunftslandes oder ihrer Staatsangehörigkeit Zuflucht zu suchen".  

 

INTEGRATION

Der Begriff Integration bedeutet eigentlich "Zusammenführen des Verschiedenen", wobei das Verschiedene im übergeordneten Ganzen erkennbar bleibt. Eine weitere Definition lässt sich aus dem lateinischen Begriff "integrati" ableiten, der Erneuerung bedeutet, d. h. nicht nur eine einseitige Erneuerung der Gesellschaft. Integration bedeutet demnach die gleichberechtigte Aufnahme von Migrant:innen in die Mehrheitsgesellschaft und deren Akzeptanz - ohne dass Migrant:innen ihre kulturellen Eigenheiten aufgeben und sich der Mehrheitsgesellschaft anpassen müssen. Der Begriff Integration, z. B. bei der "Integration von behinderten Menschen", ist eindeutig auch mit einem Beitrag der Aufnahmegesellschaft verbunden. Wird der Begriff Integration im Kontext von Migration betrachtet, so wird er durch unterschiedliche politische Grundhaltungen und kulturelle Besonderheiten unterschiedlich interpretiert und mit unterschiedlichen Rahmenprogrammen und Zielsetzungen versehen. Die Politik setzt den Begriff Integration oft mit Assimilation gleich, d. h. der Anpassung der Einwanderer an die Aufnahmegesellschaft und damit der Aufgabe der Kultur und Sprache des Herkunftslandes.

 

STEREOTYPEN UND VORURTEILE

Ein Stereotyp bezieht sich im Allgemeinen auf ein konsistentes oder gemeinsames Muster. Ein Stereotyp ist die stark vereinfachende und verallgemeinernde Reduktion einer Erfahrung oder Meinung auf ein Vorurteil. Stereotypen stellen die (meist allgemein bekannten) schematisierten und verkürzten Zusammenfassungen von Merkmalen oder Verhaltensweisen dar. Vorurteile hingegen sind ein Urteil über jemanden oder etwas, ohne wirklich über diese Person oder Sache Bescheid zu wissen. Vorurteile sind Meinungen, die von anderen einfach kritiklos übernommen werden oder die man sich bildet, ohne geprüft zu haben, ob diese Meinungen einer Überprüfung standhalten. Vorurteile sind unbegründet und ungerechtfertigt, und sie lassen sich leicht widerlegen. In den meisten Fällen sind Vorurteile emotional aufgeladen und daher schwer abzubauen.

 

Quellen:

Arbeitsblatt 2: Wortassoziationen

  • Welche 5 Ideen, Eigenschaften oder Merkmale sind eurer Meinung nach im öffentlichen Diskurs mit den folgenden Begriffen eng verwoben (z. B. gut ausgebildet, usw.)

Migrant*innen: 

Flüchtlinge: 

Menschen, die in einem anderen Land arbeiten oder studieren: 

Pendler*innen:

  • Welche Begriffe haben mehr positive als negative Konnotationen und umgekehrt? (Konnotation = eine Idee oder ein Gefühl, das eine Bezeichnung neben seiner wörtlichen oder primären Bedeutung hervorruft)
  • Wer oder was beeinflusst diese Konnotationen?
  • Kennst du die Bedeutung von "Barbar"? Recherchiere die ursprüngliche Bedeutung von "Barbar" und finde heraus, wie sich der Gebrauch, die Bedeutung und die Konnotation des Begriffs im Laufe der Zeit verändert haben.

Arbeitsblatt 3: Leitfaden zur Arbeit mit historischen Zeitungstexten

Seit über hundert Jahren erscheinen jeden Tag unzählige Zeitungen und berichten über alles, was auf der ganzen Welt passiert. Deswegen können wir aus Zeitungen sehr viele Informationen über die Vergangenheit bekommen. Neben Bildern bestehen Zeitungen vor allem aus Text. Wie du mit Zeitungstexten am besten umgehst, erfährst du in diesem Leitfaden.

 

1. LESEN und BESCHREIBEN

Lies den Text einmal in Ruhe durch. Es ist nicht schlimm, wenn du nicht alles auf Anhieb verstehst. Zuerst ist es nur wichtig, alles einmal zu lesen und zu schauen, worum es geht.

 
  • Aus welcher Zeitung stammt der Text?
  • Von welchem Datum ist die Zeitung?
  • Wie lautet die Überschrift des Textes?
  • Wer ist die Autorin?
  • Was ist das Thema des Textes?
  • Markiere alle Wörter/Ausdrücke, die du nicht verstehst.
 

2. ANALYSIEREN und INTERPRETIEREN

Wenn du die ersten Fragen beantwortet hast, solltest du den Text noch einmal durchlesen. Weil du jetzt weißt, worum es ungefähr geht, wirst du den Text sicher schon besser verstehen. 

 
  • Schlag jetzt alle Wörter/Ausdrücke nach, die du nicht verstanden hast.
  • Versuche in wenigen Sätzen die wichtigsten Punkte des Textes zusammenzufassen. 
  • Welche Personen, Orte und Ereignisse, die du kennst, kommen im Text vor?
  • Ist der Text eher positiv oder negativ? Wird irgendetwas/irgendjemand gelobt oder kritisiert?
  • Gibt es im Text eine Forderung? Was könnte das Ziel der Autorin sein
 

3. STELLUNG BEZIEHEN

Jetzt kennst du den Text und kannst dir selber eine Meinung dazu bilden.

 
  • Findest du persönlich den Artikel gut oder schlecht?
  • Stimmst du der Autorin zu? Wenn nein, warum?
  • Was glaubst du, wie haben die Leserinnen damals auf den Artikel reagiert?
 

Arbeitsblatt 4: “Schnitzeljagd”

PDF

Verwende die Website http://anno.onb.ac.at/ und suche nach den folgenden Zeitungen/Artikeln.

Kopiere die Links zu jeder Zeitung oder Seite, auf der ein Artikel zu finden ist, in ein Word-Dokument.  

 

Beispiel: 

– Eine Zeitung, die am 11. November 1918 über Kaiser Karl berichtet hat

  1. …die „Neue Freie Presse“ vom 18. Mai 1923
  2. …eine Zeitung, die genau 100 Jahre vor deinem Geburtstag erschienen ist
  3. …die allererste Ausgabe der Zeitung „Neues Österreich“
  4. …einen Artikel aus dem 20. Jahrhundert, in dem dein Heimatort erwähnt wird
  5. …eine Zeitung, die in Wien auf Italienisch erschienen ist
  6. …die erste Ausgabe der „Österreichischen Zeitung“ nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs
  7. …einen Artikel zum Thema Frauenwahlrecht
  8. …einen Artikel aus einer österreichischen Zeitung, wo über das Ende des Ersten Weltkriegs berichtet wird
  9. …einen Artikel zu irgendeinem Thema, das dich persönlich interessiert 

Arbeitsblatt 5: Migration im 19. und 20. Jahrhundert mithilfe von Zeitungen erkunden - eine digitale Zeitleiste

Erstelle eine Zeitleiste, die Aspekte der Migrationsgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert auf der Grundlage von Zeitungsausschnitten (Berichte, Appelle, Briefe) zeigt:

Verwende die vier Zeitungsausschnitte (Links) als Ausgangspunkt. Recherchiere die Geschichte rund um diese Artikel. Recherchiere die Motive für die Migration, Flucht oder Vertreibung zu diesem Thema. Schreibe einen kleinen Text für die Zeitleiste. (siehe Beispiel Zeitleiste)

Tipp: Es könnte helfen, einen Blick auf die Erscheinungszeit der Zeitungen zu werfen

  • Verwende die Plattform ANNO, um mindestens 2 weitere Artikel zum gleichen Thema zu finden. Versuche, verschiedene Arten von Zeitungsausschnitten (Briefe, Appelle, Anzeigen) oder Artikel mit unterschiedlichen Perspektiven zu finden. Betrachte die Zeitungsausschnitte kritisch. Was könnte die Absicht des Zeitungsausschnitts sein?
  • Zur Erstellung der Zeitleiste kann folgendes Tool verwendet werden: http://timeline.knightlab.com/ (alternativ können PowerPoint oder ein Poster verwendet werden). Für die digitale Timeline wird ein Google-Konto benötigt.

Um kostenlose Bilder aus dem Internet zu erhalten, kann Wikimedia Commons hilfreich sein. Wichtig ist, dass nur Fotos mit freier Lizenz verwendet werden (=kommerzielle Nutzung erlaubt).

Um Zeitungsausschnitte aus der Plattform "ANNO" einzubauen, kann es hilfreich sein, einen Screenshot der gewünschten Seite oder des gewünschten Artikels zu erstellen. Anschließend muss das Bild online gespeichert werden, da nur URL's vom Programm übernommen werden. Verwendet werden kann zum Beispiel Google Fotos. Um die URL zu erhalten, muss mit der linken Maustaste auf das Foto geklickt und anschließend "copy graphic address" ausgewählt werden. Zitiere die Zeitungsausschnitte: Titel des Artikels, Zeitungstitel, Datum, Seite. Quelle: "ANNO". 

 

Arbeitsblatt 6: Unterschiedliche Wahrnehmungen und Perspektiven erkennen

Gruppe 1:·Um welche Form der Migration handelt es sich in den beiden Zeitungsausschnitten?

  • Um welche Form der Migration handelt es sich in den beiden Zeitungsausschnitten?
  • Welche Botschaften vermitteln sie?
  • Was könnte die Absicht der Zeitungsberichte sein? Welche Ziele sollen erreicht werden?

 

 

 

 

Billigste Preise

für Auswanderer nach New=Yord, direkt am 25. Mai.

 

 

 

 

„Feldkircher Zeitung“ vom 7. Mai 1881 

(Wichtig für Auswanderer.) Die Deutsche Gesellschaft von Chicago schreibt: „Niemand lasse sich durch übertriebene Berichte über die vermeintlich günstigen Verhältnisse und die angebliche Leichtigkeit, in Amerika Geld zu verdienen, zur Auswanderung verleiten! Wirkliche Landarbeiter ausgenommen, können wir keinem Arbeitsuchenden Hoffnungen machen! Wir wiederholen daher unsere alljährliche Warnung und richten insbesondere an junge Kaufleute, Lehrer, Schreiber, Gelehrte, Beamte und namentlich an Studenten und Offiziere die Mahnung, sich nicht zur Auswanderung nach Amerika zu entschließen! Für diese Klasse von Leuten ist hier durchaus keine Aussicht, weder im nächsten Jahre, noch später!"

„Grazer Tagblatt“ vom 14. Februar 1899

 

Gruppe 2:

  • Um welche Form der Migration handelt es sich in den beiden Zeitungsausschnitten?
  • Welche Botschaften vermitteln sie?
  • Was könnte die Absicht der Zeitungsberichte sein? Welche Ziele sollen erreicht werden?

Nordamerika. Die Botschaft des neugewählten Präsidenten Harrison spricht sich zu Gunsten der Fortdauer des schutzzöllnerischen Systemes aus und empfiehlt eine größere Sorgfalt bei den Naturalisationen der Einwanderer. Solche, von welchen eine Last für den Staatsschatz oder eine Bedrohung der sozialen Ordnung zu besorgen wäre, müssten ausgeschlossen werden.

 

„Grazer Volksblatt“ vom 7. März 1889

[Nordamerika]. Ein Blick auf die Einwanderer lehrt, daß sie dem Lande einen sehr nützlichen Arbeiterzuwachs zu führen. […] Von dieser werthvollen Arbeiterzahl wurden durch das Arbeitsnachweisebureau 16.533 untergebracht, da ­von 11.920 in New-York und 3231 in Neu-Jersey. Da diese Arbeiter niedrigere Löhne erhalten, als andere derselben Qualität, so lange sie sich noch nicht auskennen, so zieht New-York und Umgegend hieraus schon einen großen Nutzen.

 

„Das Vaterland“ vom 15. Mai 1881

 

Gruppe 3:

  • Um welche Form der Migration handelt es sich in den beiden Zeitungsausschnitten?
  • Welche Botschaften vermitteln sie?
  • Was könnte die Absicht der Zeitungsberichte sein? Welche Ziele sollen erreicht werden?

Nach Aussage eines Auswandereragenten haben diese Staaten [in Europa], welchen der Krieg viele Männer entrissen hat, eine große Aktion eingeleitet, um die in Amerika ansässigen Landeskinder zu Heimkehr zu bewegen, was jetzt in größeren Mengen bereits der Fall ist.

„Bregenzer Tagblatt“ berichtete am 10. Mai 1913

Durch die Führer der Genossenschaften ist den Vertrauensmännern in Amerika die strengste Weisung dahin gegeben, daß nur diejenigen zurückkehren sollen, welche in den heimischen Sparkassen so viel Geld haben, daß sie sich damit in der Heimat etwas Grund erwerben können.

 

„Salzburger Chronik für Stadt und Land“ vom 29. November 1907

 

Gruppe 4:

  • Um welche Form der Migration handelt es sich in den beiden Zeitungsausschnitten?
  • Welche Botschaften vermitteln sie?
  • Was könnte die Absicht der Zeitungsberichte sein? Welche Ziele sollen erreicht werden?

Alaska — Gelobtes Land Nr. 2. Ans Washington wird berichtet: Der demokratische Abgeordnete Samuel Dickstein (Newyork) gab bekannt, daß er gegenwärtig mit der Ausarbeitung eines Gesetzentwurfes beschäftigt sei, der jährlich 200.000 europäischen Flüchtlingen die Einwanderung nach Alaska erlauben wird. „Das Land ist reich und fruchtbar, und Juden sind willkommen", erklärte Dickstein.

 

„Banater Deutsche Zeitung“ berichtete am 10.02.1939

Als sich im Vorjahre der Flüchtlingsstrom aus Galizien nach Wien und den westlichen Kronländern so plötzlich und unerwartet ergoßen hatte, stand sowohl die Regierung wie auch alle anderen berufenen Faktoren vor einem schweren Probleme, für dessen Lösung aus der Vergangenheit keine Erfahrungen vorhanden waren.

 

„Jüdischen Korrespondenz“ vom 28. Oktober 1915

 

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